as erwartest du wenn du kurz vor einem 20-minütigen Spaziergang stehst, aber mit chronischen Schmerzen in deinem Rücken, deinen Beinen oder Füßen kämpfst?

Wahrscheinlich fürchtest du dich vor den unvermeidlichen Schmerzen, die von deinem Rücken ausgehen oder vor dem lähmenden Stechen in deinen Füßen. Wie wir uns körperliche Aktivität vorstellen hat direkte Auswirkungen darauf, wie sich das Gehirn auf das, was wir erleben werden, vorbereitet.

Um mit chronischen Schmerzen fertig zu werden, müssen wir uns unsere Fähigkeit zunutze machen das Gehirn durch Visualisierung neu zu verdrahten.

Unsere Gedanken darüber was passieren wird wenn wir uns bewegen, sitzen, stehen, beugen, gehen oder greifen, bereiten unser Gehirn und unseren Körper auf das vor was kommen wird. Wir denken nicht nur daran, dass das Gehen schmerzhaft sein könnte — wir proben für ein schmerzhaftes Gehen. Deshalb spürst du den Schmerz bereits bevor du die Treppe erreichst, um in den Keller hinunterzugehen.

Um diese Falle zu durchbrechen, die darin besteht sich etwas vorzustellen und dann Schmerzen zu empfinden, müssen wir unsere Denkweise ändern, um unsere Gehirnstruktur durch Visualisierung zu verändern.

Das wandelbare Gehirn

Wissenschaftler lernen jetzt, dass es eine nahtlose Verbindung gibt zwischen dem, was im Gehirn passiert und wie sich die Hirnaktivität auf den Körper auswirkt. Dies gilt auch für den Körper; die Verhaltensweisen, die wir ausüben, wie zum Beispiel körperliche Betätigung, verändern das Gehirn.

Neuroplastizität ist ein zusammengesetztes Wort: “Neuro” bezieht sich auf das Gehirn, und “Plastizität” bedeutet veränderbar. Wir werden mit sechsundachtzig Milliarden Neuronen geboren und im Laufe unseres Lebens werden etwa fünfzehntausend Verbindungen zwischen diesen Neuronen, die als Synapsen bezeichnet werden, hergestellt.

Die Neurogenese — das Wachstum neuer Neuronen — erfolgt rasch in der Kindheit, setzt sich aber während unseres ganzen Lebens fort. Wir können die Anzahl der Verbindungen in unserem Gehirn (Synapsen) durch körperliche Betätigung, Lernen, Puzzlespiele und Konzentration unserer Aufmerksamkeit durch Aktivitäten wie Meditation erhöhen.

Die Neuroplastizität hilft zu erklären, warum akute Schmerzen zu chronischen Schmerzen werden können und warum sich chronische Schmerzen auf andere Bereiche ausbreiten. Wenn eine Person einen Bandscheibenvorfall im unteren Rückenbereich hat, der auf einen Nerv drückt, treten zwei verschiedene Ereignisse im Gehirn auf.

Erstens wird die sensorische Karte im Parietallappen des Gehirns für diesen Bereich des Rückens aktiv. Zweitens wird auch die Schmerzkarte (die sich im gesamten Gehirn befindet) aktiv, die Signale erzeugt, die auf Unbehagen hinweisen.

Sobald die sensorischen Neuronen und die Schmerzneuronen in unserer Hirnkarte genügend oft zusammen feuern, werden sie miteinander verbunden.

Was passiert, wenn die Schmerzkarte und die sensorische Karte miteinander verdrahtet werden? Sobald die Verbindung hergestellt ist, braucht man nur noch an die Bewegung zu denken, damit der Schmerz auftritt; der Gedanke aktiviert die Schmerzkarte, weil sie jetzt mit der sensorischen Karte verbunden ist.

Selbst wenn die Bandscheibe nicht auf einen Nerv drückt wird durch die Visualisierung der Bewegung die Schmerzkarte immer noch ausgelöst, um ein Schmerzsignal zu erzeugen.

Sechs Schritte zur Veränderung

Michael Moskowitz begann in einem Versuch, seine eigenen chronischen Schmerzen zu verstehen, die sich in seinem Körper ausbreiteten, mit dem, was er bereits über die Gehirnkarte für Schmerzen wusste und darüber wie Neuronen sich verkabeln und zusammen feuern, nach der Antwort zu suchen.

Er entwickelte einen Leitfaden, um chronischen Schmerzpatienten beizubringen, wie sie ihre Gehirne neu verkabeln können. Seine Methode ermutigt die Patienten sich eine Verringerung der schmerzbezogenen Gehirnaktivität unter dem Akronym MIRROR (Motivation, Intention, Relentlessness, Reliability, Opportunity, and Restoration), in Deutsch (Motivation, Intention, Unerbittlichkeit, Verlässlichkeit, Gelegenheit und Wiederherstellung) vorzustellen.

Um diese Schritte anzuwenden, stelle dir eine Aktivität vor, die du oft mit Schmerz in Verbindung bringst. Während du dir diese Aktivität vorstellst, stelle dir deine Bewegungen als bequem und mühelos vor und stell dir vor, wie sich deine schmerzbezogene Gehirnaktivität beruhigt.

Eine Möglichkeit dies zu tun, ist dir vorzustellen, wie deine Gehirnaktivität von der Farbe Rot zu Blau wechselt. Eine andere Methode ist sich vorzustellen, dass die mit dem Schmerz zusammenhängenden Hirnareale schrumpfen. Benutze die folgenden sechs Schritte, um durch Visualisierung die richtige Perspektive für den Umgang mit Schmerzen zu entwickeln:

  1. Motivation — Betrachte deinen Schmerz als Motivator für Handlungen. Wenn der Schmerz aufflammt, benutze den Schmerz als Erinnerung, um aktiv an der Visualisierungsübung teilzunehmen.
  2. Intention— Der Zweck der Visualisierung ist nicht den Schmerz zu kontrollieren oder ihn loszuwerden. Die Absicht der Übung ist es zu lernen, wie du deinen Geist fokussieren und die Gehirnaktivität verändern kannst. Neue Pfade werden nur durch Wiederholung und harte Arbeit über einen langen Zeitraum hinweg entwickelt.
  3. Unerbittlichkeit — Chronischer Schmerz ist unerbittlich und die Anstrengung, die nötig ist, um das Gehirn neu zu verkabeln, muss ebenso unerbittlich sein. Es gibt keine dauerhafte Veränderung, die damit einhergeht, dass du den Schmerz tolerierst oder dich von ihm ablenkst. Fokussierte Aufmerksamkeit und Konzentration sind erforderlich, um die Gehirnaktivität zu verändern. Jedes Mal wenn Schmerz auftaucht, muss er mit fokussierter Visualisierung des Gehirns, das sich beruhigt, herausgefordert werden.
  4. Verlässlichkeit — Dein Gehirn ist nicht dein Feind. Das Gehirn erzeugt keinen chronischen Schmerz, um dich zu bestrafen oder dein Leben elend zu machen. Aus komplexen Gründen können Schmerzen zu einem stabilen Zustand für das Gehirn werden, aber mit etwas Hilfe kann es zu seiner normalen Bedrohungsempfindlichkeit zurückkehren. Wenn du daran arbeitest Veränderungen in deinem Gehirn herbeizuführen, habe Vertrauen, dass sich dein Gehirn verändern kann.
  5. Gelegenheiten  Schmerz ist beängstigend. Die Angst selbst löst einen Alarm in der Amygdala aus, dem Teil unseres Gehirns, der uns hilft uns auf Notfälle vorzubereiten. Wir müssen den Schmerz und sein plötzliches Aufflammen als Gelegenheit sehen, unser kaputtes Alarmsystem zu reparieren. Der Alarm, ähnlich wie ein defekter Rauchmelder, muss repariert werden. Jedes Mal wenn du einen Schmerzanfall hast ist es eine Gelegenheit die Angstreaktion auszuschalten, die das Gefühl verstärkt, dass etwas nicht stimmt. Du kannst diesem Prozess helfen indem du die beruhigenden Reaktionen der Zwerchfellatmung (Einatmen in deinen Bauch), den achtsamen Körperscan oder die progressive Muskelentspannung nutzt.
  6. Wiederherstellung — Das Ziel der Visualisierung ist nicht deine Schmerzen zu verdecken, sondern das Gleichgewicht und die Harmonie des Gehirns wieder in einen gesunden Zustand zu bringen. Das Schlüsselprinzip dem du bei der Behandlung deiner chronischen Schmerzen folgen solltest, besteht darin, dein ganzes Leben auf Gesundheit auszurichten. Wenn du nahrhaftes Essen isst, den ganzen Tag Wasser trinkst, abnimmst, mit dem Rauchen aufhörst, gute Schlafhygiene praktizierst, gehst, dich streckst, Krafttraining machst, Atemübungen machst und unermüdlich daran arbeitest, die Reduzierung deiner Gehirnkarte der Schmerzen zu visualisieren, wirst du dich auf ein gesundes, ausgeglichenes Leben zubewegen und dich von Krankheiten und chronischen Schmerzen entfernen.

Wenn du die Schmerzen nur stoppen willst, könntest du versucht sein nach passiven Ansätzen der Schmerzbekämpfung zu suchen, wie Medikamente, Injektionen und Operationen. Das Gesundheitssystem behandelt chronische Schmerzpatienten oft als passive Empfänger einer Behandlung; uns wird beigebracht eine Pille zu nehmen, uns eine Spritze zu geben, uns operieren zu lassen und uns hinzulegen.

Passive Bewältigungsstrategien müssen durch aktive Strategien ersetzt werden. Benutze aktive Visualisierung, um dein Gehirn neu zu ordnen, indem du dir vorstellst wie sich dein Leben auf das hinbewegt, was dir wichtig ist — ein gesundes Leben.